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Über das Maestro-System kann man mit deutschen Bankkarten bisher im Ausland zahlen. Ab Juli wird es ausgemustert. Fast 100 Millionen Karten müssen deshalb wohl ausgetauscht werden.
München – Ein Eis in Bella Italia, eine Bergbahnfahrt in Österreich, eine Tankfüllung in Tschechien, Bargeld in New York abheben: Bisher konnte man mit einer deutschen EC-Karte überall im Ausland völlig selbstverständlich bezahlen und Geldautomaten nutzen. Möglich macht das die Maestro-Funktion. Nun steht das System aber vor dem Aus, ab Juli werden keine neuen Girokarten mit Maestro-Funktion mehr ausgegeben. Doch was bedeutet das für Verbraucherinnen und Verbraucher? Die zwölf wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist die Maestro- Funktion eigentlich?
Die Deutschen bezahlen immer öfter bargeldlos, das aber vor allem mit den früher EC-Karten genannten Girokarten. Das Giro-System gibt es seit den 1970ern, mit den Karten konnte man zunächst Geld an Automaten abheben, seit den 1990ern dann bargeldlos zahlen. Etwa 95 Prozent der Deutschen haben heute eine Girokarte. Das Problem: Die Giro-Karten gelten nur in Deutschland. Um sie mit den Bezahlsystemen in anderen Ländern kompatibel zu machen, braucht es deshalb die Hilfe der US-Kreditkartenfirma Mastercard. Ihre Maestro-Funktion macht es möglich, mit deutschen Girokarten auf der ganzen Welt zu bezahlen. Maestro wird dabei gewissermaßen zusätzlich auf die Girokarte gepackt, was man im Fachjargon „Co-Badging“ nennt.
Warum gibt es bald keine Maestro-Karten mehr?
Weil Mastercard die Maestro-Funktion einstellt: Ab Juli dürfen keine neuen Maestro-Karten mehr ausgegeben werden. Der Kreditkartenanbieter begründet das damit, dass man mit Maestro-Karten nicht im Internet bezahlen kann, was nicht zeitgemäß sei. Das Maestro-Aus sei deshalb eine folgerichtige Weiterentwicklung – so, wie früher der Schritt vom Magnetstreifen zur Chipkarte. Hinzu kommt: Maestro wird fast nur von deutschen Kunden genutzt. Verbraucherzentralen vermuten deshalb, dass es für Mastercard lukrativer ist, wenn das System ausläuft und die Deutschen mehr auf weltweit gängige Debit- und Kreditkarten zurückgreifen.
Wie viele Bankkarten sind betroffen?
Fast alle der 100 Millionen Girokarten in Deutschland. Rund 90 Prozent davon sind mit der Maestro-Funktion ausgestattet, nur etwa zehn Prozent mit dem Konkurrenzsystem V-Pay von Visa, das weiter bestehen wird. Der Großteil der Maestro-Karten gehört Kunden der Sparkassen sowie der Volks- und Raiffeisenbanken. 42,5 Millionen Sparkassenkunden besitzen eine Maestro-Karte, bei den Volksbanken sind es 26,3 Millionen. Die Maestro-Karte erkennt erkennt man an dem Logo mit zwei rot-blauen Kreisen und dem Maestro-Schriftzug (siehe Foto).
Sind alle Maestro-Karten ab Juli ungültig?
Nein. Die Banken versprechen, dass die bereits ausgegebenen Karten noch länger funktionsfähig bleiben. Das Gültigkeitsdatum auf der Karte bleibe bestehen. Ende 2027 sollen die letzten Maestro-Karten auslaufen, ab dann wird das System komplett eingestellt. Bis dahin kann man mit den Karten im Ausland aber wie gewohnt Geld abheben und bezahlen, so die Banken, sie bleiben in allen Ländern voll funktionsfähig. Erst danach werden keine Abhebungen und Zahlungen im Ausland mehr möglich sein.
Kann man in Deutschland damit weiter einkaufen?
Egal ob Lidl, Aldi oder Kaufland: Alle großen deutschen Handels- und Supermarktketten bestätigen, dass sie die Bankkarten ihrer Kunden in Deutschland weiter uneingeschränkt akzeptieren. Denn die Maestro-Funktion für Auslandsgeschäfte ist für sie irrelevant. „Der Entfall der Maestro-Funktionalität ist für den Einzelhandel kein Problem, soweit die Girocard-Zahlungsoption auf der ausgegebenen Karte erhalten bleibt“, sagt Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsverbandes Bayern.
Ab wann werden die Karten ausgetauscht?
Die Sparkassen beginnen den Austausch ab Juli. 2023 wird er noch bei rund 15 Millionen Karten erfolgen. Bei den Volksbanken werden in diesem Jahr etwas mehr als sechs Millionen Karten umgestellt. Deutsche Bank und Commerzbank sollen hingegen bisher keine konkreten Daten für den Kartentausch genannt haben.
Was muss man tun, um eine neue Karte zu erhalten?
In der Regel nichts, die Karten werden meist ausgewechselt, sobald sie auslaufen. Bei den Sparkassen werden sie automatisch ersetzt, bei manchen Genossenschaftsbanken kann es sein, dass Kunden einem Produktwechsel zustimmen müssen.
Welche alternativen Karten gibt es überhaupt?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Alternativen zur Maestro-Karte: Reine Girokarten, Kreditkarten, Debitkarten von Mastercard oder Visa sowie V-Pay-Karten. Reine Girokarten haben das Problem, dass sie keine Zahlungsfunktion für das Ausland haben und im Internet nicht funktionieren. Auch kontaktloses Zahlen über Smartphone oder smarte Uhren via Apple Pay oder Google Pay unterstützen sie nicht. Deshalb werden sie nur wenige Banken anbieten – und wenn, dann oft in Kombination mit einer Zweitkarte, also einer zahlungspflichtigen Kreditkarte für das Ausland. Kreditkarten wie Mastercard oder Visa bieten diese Funktionen, sind aber in Deutschland unbeliebt, weil Zahlungen dort nicht sofort, sondern monatlich vom Konto abgebucht werden. Außerdem sind die Transaktionsgebühren höher als bei Girokarten, weshalb etwa Bäcker, Metzger oder andere kleine Einzelhändler sie oft nicht akzeptieren. Einen Mittelweg stellen Debitkarten von Mastercard und Visa dar: Sie haben die Funktionen von Kreditkarten, das Geld wird aber sofort vom Konto abgebucht. Mit dem sogenannten Co-Badging kann man Debitkarten und Girokarten auf einer Bankkarte vereinen, wie es bei Maestro-Karten der Fall war. So gilt die Karte im Ausland und im Internet und man kann damit am Kiosk oder im Schwimmbad Kleinbeträge bezahlen, ohne dass für den Händler hohe Transaktionskosten anfallen. Zusätzlich gibt es V-Pay von Visa. Es ist der Konkurrent von Maestro und wird ebenfalls per Co-Badge auf Girokarten implementiert. Anders als Maestro ist es nicht weltweit, sondern nur in Europa etabliert. Dort kann man mit V-Pay aber genau wie mit Maestro überall zahlen und Geld abheben.
Kann man wählen, welche Karte man künftig will?
In der Regel entscheiden die Banken, welche neuen Karten sie an die Kunden standardmäßig für ihr Konto ausgeben, die Kunden selbst können nur selten wählen. Bei den Sparkassen werden 60 Prozent eine Debit-Karte von Mastercard bekommen, die über Co-Badging mit einer Girokarte kombiniert ist. Die restlichen Sparkassen wechseln zum Maestro-Konkurrenten Visa und erhalten zu ihrer Girokarte entweder ein Co-Badging mit V-Pay oder einer Visa-Debitkarte. Reine Debitkarten von Visa oder Mastercard wird es dort nicht geben. Bei den Genossenschaftsbanken werden mehr als die Hälfte der neuen Girokarten mit V-Pay ausgestattet. Der Rest verteile sich auf Mastercard Debit und Visa Debit, in der Regel als Co-Badge mit der Girokarte. Reine Girokarten soll es kaum geben. Auf reine Debitkarten ohne Giro-Funktion wechseln lediglich einige Direktbanken wie die DKB. Deutsche Bank und Commerzbank wollen laut einem Bericht des „Handelsblatt“ vorerst an den Maestro-Karten festhalten. Wie lange das geht, ist aber unklar.
Haben die neuen Karten irgendwelche Nachteile?
Gegenüber den alten Karten gebe es für Kunden keine Nachteile, beteuert Stephan Arounopoulos von der Sparkasse. „Die neuen Co-Badge-Zahlverfahren erweitern die Zahlungsmöglichkeiten sogar“, wirbt er für den Umtausch. „Kundinnen und Kunden können die Karten künftig an mehr weltweiten Akzeptanzstellen einsetzen und erstmals auch für den Einkauf im E-Commerce nutzen, in Online-Shops oder in Apps.“
Braucht man mit Debitkarte noch eine Kreditkarte?
Nicht zwingend, denn Debitkarten können theoretisch das gleiche wie Kreditkarten. Das betonen die Anbieter. In der Praxis fordern viele Hotels, Autovermieter oder andere Firmen, die Kautionen verlangen, trotzdem oft Kreditkarten. Bei ihnen gewährt die Bank einen Kreditrahmen. Macht der Kunde zum Beispiel etwas kaputt, kann sich die Firma das Geld schnell und unkompliziert holen – egal, ob es der Kunde auf dem Konto hat oder nicht. Zudem beinhalten manche Kreditkarten Zusatzleistungen wie Reiseversicherungen. Auch das Kartenlimit kann höher liegen, was bei teuren Anschaffungen ein Vorteil ist.
Werden die neuen Karten für Kunden teurer?
Die Kreditkartenanbieter lassen sich die erweiterten Funktionen der neuen Karten jedenfalls besser bezahlen, heißt es aus Bankenkreisen. Ob die Banken das gar nicht, über höhere Kartenpreise oder indirekt über mittelfristig steigende Kontogebühren an Kunden weitergeben, muss sich erst zeigen. Auch für Einzelhändler könnte es etwas teurer werden, wenn öfter mit Debit- oder Kreditkarten bezahlt wird (siehe Text unten).
Author: Jerry Hartman
Last Updated: 1703957403
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